Im Abendneigen bin ich ganz allein -
Die Dämmerung mit bleichen Geisterhänden
Streift leise an den lichtvergess'nen Wänden,
Verwischt des Tages allerletzten Schein -
Ich tret' ans Fenster.

Da grauen Dächer neben Dächern weit
Und decken Angst und banges Menschenleid.
Und Schlote ragen in den Himmel mastengleich,
Entfaltend ihrer Qualme schwarze Fahnen -
Hinab mit euch! - Des Abends heilig Reich
Erfüllt die Welt schon mit Erlösungsahnen.

Da ziehen Tausende aus Ruß und Rauch
Heimwärts, wo jeder sein Glück und sein Elend hat;
Und eines Seufzers qualentbundener Hauch
Bebt durch die ganze Stadt.
Bebt und tastet zum Himmel empor,
Tastet und zieht den schimmernden Flor
Kühler Wolken über glühende Stirnen,
Und da entschlummern sacht
All die Müden in den Frieden der Nacht.

Aber Einer, der läßt sein Hämmern nicht
Und stört mir den Frieden mit höhnischer Lust -
Willst du nicht rasten in meiner Brut,
Du grausamer Hämmerer, eh' sie bricht?
Kannst du nicht endlich, endlich schweigen,
Wenn sich die schwarzen Banner schon neigen,
Und du in andern Menschen ruhst? -

Der Dämmerung Silberleib zerfließt in Nacht -
Sie winkt mir scheidend mit der bleichen Hand.
Ein Augenpaar, zu milder Glut entfacht,
Senkt sich in meins mit wehmütigem Brand
Und schenkt mir heißer Tränen süße Pein -

Zwei Hände rühren sanft an mein Gesicht,
Und eine liebe Stimme spricht
Im Abendneigen: Bist du denn allein - ?