Warum, o Gott, warum denn noch einmal
all seinen Jammer und die ganze Qual
in die verjüngte Form verschwenden? - Ist
Deinem Hasse nicht genug geschehen - Bist
Du so unersättlich, dass ein einzeln Leben
nicht Leid genug hat, Dir genug zu geben?
Sind Deine Krüge denn noch immer voll,
die bitteren, dass ich sie leeren soll -?

Jetzt weiß ich langsam, wie das Alles war.
Denn, was ich damals sah, des Mitleids bar -
weil noch zu jung, zu wenig noch gegerbt
von Deiner Fuchtel - jetzt, da ich's geerbt,
fasst mich Entsetzen erst vor seinem Leid,
vor seinem unsäglichen Leid!
Jetzt freilich, erst, da an dem eignen Nerv der Wurm
schon nagt, erfüllt mich sein Geschick wie Sturm,
reißt mich wie jähe Brandung in die Flut
und tobt wie Glut in meinem eignen Blut,
aus dem ich ragte, steinern wie ein Turm.

Mein Gott, ich hab ihn einmal weinen sehen,
als mir die Mutter starb und ihm das Weib!
O, dieses irre Hin- und Widergehen
und dieses Schluchzen durch den ganzen Leib
den langen Nachmittag und manche Nacht,
da ich, ein Kind, an seinem Bette schlief!
Da bin ich oft ganz heimlich aufgewacht
und hörte, wie er leise nach ihr rief
und mit ihr sprach, als läge sie bei ihm.

Doch Dir, in Psalmen deiner Cherubim
war dieses Leid nicht schwer genug und tief!

Du musstest erst, den Du mit Meisterhand
zu einem hohen Hort des Geistes schufst,
mählich zerfallen sehen, wie die Wand,
die einstürzt, wenn Du ihren Namen rufst.
Fürwahr, es weinen Steine, die es sahn,
wie er verfiel; erst die gewölbte Veste
der Stirne, dann das Menschliche der Geste,
dann Blick und Sprache, nimmer Untertan
dem Halbbewusstsein, diesem Bettelreste,
den Du ihm ließest, dass er sein Gebreste
auskosten musste bis zum Schluss der Bahn.

So lag er, ehe ihn Dein Dunkel barg,
in seinem toten Fleische wie im Sarg ...